Donnerstag, 26. Juli 2012

Windschutzscheibenperspektive - 1000km Brevet, Tag 1

Es gibt diese Momente. Am Freitag morgen kurz vor fünf Uhr etwa, als sich die Teilnehmer am heurigen 1000km Brevet zum Start aufstellen. Wenn man bei Bruck abbiegt auf die Großglockner Hochalpenstraße - zugegeben, bevor der Himmel seine Schleusen öffnet. Am Samstag abend, als der Regen endlich aufhört, in der beginnenden Dämmerung der Himmel über Kaindorf aufreißt, ein paar wackere Randonneure sich wieder auf's Rad schwingen, um in die Nacht hineinzufahren. In solchen Momenten wird man ein wenig wehmütig, weil man nicht mitkommen darf. Leider spielt mein Flügerl noch nicht ganz mit.

Donnerstag abend

23 Teilnehmer, darunter acht Deutsche und drei Italiener, und ein paar Begleiter treffen sich zur Vorbesprechung in der Tennishalle in Haid, Edith kredenzt zur Pastaparty Gulasch, die Stimmung ist locker, man merkt die Vorfreude auf den bevorstehende Ritt über eine sehr anspruchsvolle Strecke mit 11.000 Höhenmeter, deren Highlights der Glockner am ersten Tag und die Soboth am zweiten werden sollen - die Wetteraussichten sind schlecht, was den Brevet nicht einfacher macht. Dementsprechend kurz wird der Abend.

Freitag früh

Ab vier Uhr morgen tauchen die Teilnehmer auf, Ferdinand spendiert noch ein Frühstück, es folgt ein kurzer Fototermin, dann werden die Fahrer auf die Strecke entlassen. Reini und ich beladen den VW-Bus, mit dem wir bis Sonntag nachmittag unterwegs sein werden, um nach Kräften an den Kontrollstellen auszuhelfen. Gegen sechs fahren wir los zu K1, Attersee am Attersee, k&k Konditorei, wo wir das Stempeln der Brevetkarten übernehmen.

Eine Spitzengruppe, bestehend aus fünf Fahrern (David Misch, Tom "Turbo" Stindl, Alfred Buchegger, Alexander Vonbank, Gernot Stenz - ich hoffe, ich hab niemanden vergessen) erreichen bereits um viertel nach sieben den die erste Kontrollstelle. Lokalmatador Josef P. lässt es sich übrigens nicht nehmen, die Gruppe ein Stück zu begleiten, bevor er ins Büro muss. Es folgen weitere kleine Gruppen und einzelne Fahrer, bis kurz vor acht Uhr das Hauptfeld eintrifft, aufgehalten durch einen Defekt am Rad von Piero Rivoira (Freilauf kaputt, wird mit Unterstützung von Radpoint in Vöcklabruck wieder gerichtet). Für die Fahrer geht's weiter über die Postalm ins Salzburgische, und auch der Bus muss weiter zu K2 in Annaberg im Lammertal.

Mittags

In Annaberg bauen wir an der Tankstelle ein Buffet auf: Wurst- und Käsebrote, das Gulasch vom Vorabend, Kuchen, Bananen, Saft und Wasser. Die beiden Grazer David und Tom tauchen um um viertel nach elf auf, und halten nur kurz: Wer pausiert, verliert (und auch wenn ein Brevet kein Rennen ist, so verliert man dennoch Zeit). Fünf Minuten später kommen Alfred und Alex an. Die beiden wollten im Anstieg zur Postalm nicht das hohe Tempo mitgehen, das die beiden Steier anschlugen, lassen sich auch bei der Labe deutlich mehr Zeit. Nach und nach kommen die weiteren Fahrer, Reini und ich können noch die Gruppe um Ferdinand abwarten, die Nachzügler müssen sich in der Tankstelle versorgen. Wir müssen weiter zum Großglockner, wo bei der Kontrollstelle an der Fuscherlacke vereinbart ist, dass die Teilnehmer auf ihre Taschen im Gepäcksanhänger zugreifen können, um sich für die Abfahrt nach Heiligenblut umzuziehen.

Großglockner

Sobald der Anstieg zum Fuscher Törl beginnt, beginnt auch der Regen: wolkenbruchartig, mit Blitz und Hagel, Bäche laufen über die Straße, und wo die Wolken im Berg hängen, sieht man kaum, wohin die Reise gehen soll.
In den ersten Kehren überholen wir erst Alex, dann Alfred und ziemlich weit oben noch Tom. In den langen Anstiegen fährt jeder sein eigenes Tempo. Als der Bus zur Fuscherlacke kommt, sehe ich gerade noch, wie David den Anstieg Richtung Hochtor hochsprintet - beeindruckender Antritt, nicht umsonst dürfte er heuer zum Favoritenkreis für's Race Around Austria zählen. David sollten wir erst im Ziel wieder treffen. Während wir auf die weiteren Fahrer warten, wechselt das Wetter im Minutentakt: Wolkenbruch, Nebel, blauer Himmel, Blitze, Hagel. Unvorstellbar, jetzt am Rad zu sitzen.

Aus Betreuersicht ist bisher alles nach Plan verlaufen, doch dann sollte sich ändern. Als erstes sperrt der Mankei-Wirt, mit dem abgesprochen war, dass sein Gasthaus als Kontrollstelle zum Stempeln der Brevetkarte zur Verfügung steht, wegen des Schlechtwetters um halb fünf Uhr zu. Reini versucht zu verhandeln, telefoniert mit dem Chef, wir suchen nach einer alternativen Kontrollstelle, die wir schließlich im Wallackhaus finden (das Personal in der Mankei kann weder sagen, wo die nächste Gaststätte ist, noch wie sie heißt, aber dass es bei diesem Wetter ohnehin geschlossen ist, dass wollen sie mit Sicherheit wissen - glücklicherweise haben sie Unrecht). Reini und ich werden vor die Tür gesetzt, selbe rasch vergesperrt; schließlich kommen in dem Moment ein paar tropfnasse, frierende Radtouristen an, die sonst den Feierabend hinauszuzögern drohen. Für die Teilnehmer hinterlassen wir eine Nachricht mit Hinweis auf die geänderte Kontrollstelle und hoffen, dass auch die Italiener verstehen, was gemeint ist.

Auf dem Weg zum Wallackhaus erreicht uns ein Anruf von Ferdinand. Weil am Hochtor ein Wintereinbruch befürchtet wird, werden ab 17 Uhr keine einspurigen Fahrzeuge mehr durch die Mautstelle gelassen. Zwei Teilnehmer werden noch in Bruck an der Glocknerstraße an der Kontrollstelle Lukaswirt angehalten, ein Deutscher, der an dieser Stelle aufgibt, sowie Piero, der durch den Defekt weit zurück liegt. Piero wird mit der Bahn durch die Tauernschleuse nach Kärnten gebracht. Einige Teilnehmer warten in Ferleiten, deren Räder in Bus und Anhänger werden im Bus verstaut. Mit dem Bus, einem weiteren Betreuerauto, das Peter Six begleitet, per Autostopp und mit einem Taxi bringen wir diese Fahrer über den Berg, auch die Fahrer im unteren Bereich der Glocknerstraße sammeln wir ein, während oben bereits die Fahrzeuge zur Schneeräumung bereitstehen. Glück hat Rudi, als 100m neben ihm ein Blitz einschlägt, aber er hat nun genug, und gibt ebenfalls auf. Joe und Pierre, die wir kurz vorm Fuscher Törl treffen, begleiten wir mit dem Bus bis zum Wallackhaus. Leider haben wir keine Plätze mehr frei. Die beiden lassen es sich übrigens nicht nehmen und fahren auch die nasse Abfahrt nach Heiligenblut mit dem Rad. Die anderen entlassen wir in Winklern auf die Strecke. Bis Obervellach, wo auf einem Campingplatz eine Schlafstelle eingerichtet ist, ist es nicht mehr allzu weit, und vor allem ist die Straße wieder trocken.