Donnerstag, 21. Juni 2012

Abflug mit Folgen

Die meisten Freunde werden es schon über Facebook oder bikeboard.at mitgekriegt haben, der Vollständigkeit halber fass ich es hier nochmal zusammen (und schreib noch ein paar Sachen auf, um meine Situation für mich zu klären).

Im Augenblick bestimmen mich zwei Emotionen. Einerseits Erleichterung, dass nicht mehr passiert ist. Andererseits Enttäuschung, weil der geplante Saisonhöhepunkt im Juli (24h von Grieskirchen, 1000km Brevet durch Österreich) gelaufen ist. Zweiteres hilft eh nix, das Schlüsselbein ist durch, nachdem ich gestern abend beim Mountainbiken mit der Schulter einen Baum touchiert habe. Ich war, denke ich, nicht eigentlich schnell, die Stelle nicht eigentlich schwierig. Ich denke, dass ich wohl einen Augenblick unkonzentriert war, versteuert habe und mit dem Vorderrad in einer vom Regen entstandenen "Schrunse" im Weg "hängengeblieben" bin (kennt man solche Stürze von Straßenbahnschienen?).

Glück im Unglück

Ich hab den Baumstamm mit der Schulter getroffen und nicht mit dem Kopf. Ein geschrottetes Schlüsselbein ist mir lieber als ein Schädelbasisbruch.
Der Bruch ist relativ schön, die Knochen an der Bruchstelle nicht sehr stark verschoben. Das heißt jetzt mal, dass ich vier Wochen lang einen Tornisterverband tragen muss, aber eine Operation sehr wahrscheinlich nicht notwendig ist (sofern das Kontrolröntgen nächsten Montag nix anderes zeigt).
Ich bin halbwegs schmerzfrei, solange ich den linken Arm ruhig halte, daher verzichte ich auf die Einnahme der verschriebenen Schmerzmittel. Am meisten tut die Schultermuskulatur weh, die als Reaktion auf den Tornister ziemlich verspannt ist. Aber das ist jetzt Jammern auf hohem Niveau.
Ich war nicht alleine unterwegs und Lukas hat mich nach dem Sturz ausgezeichnet unterstützt.

Herausforderung Alltag

Im Augenblick bin ich ziemlich eingeschränkt. Aus dem Bett aufstehen, Körperpflege, Anziehen, Essen, alles ist schwierig. Sicher Übungssache, in vier Wochen sind die meisten Tätigkeiten wohl auch ein Kinderspiel. Beim Waschen werde ich Unterstützung brauchen (übernimmt dankenswerterweise meine Schwester, die mich sonst in Grieskirchen betreut hätte). Kochen werde ich mir wohl sparen in nächster Zeit. Muss ohnehin aufpassen, durch den Wegfall der körperlichen Tätigkeit nicht an Gewicht zuzulegen.

 Neuorientierung und geänderte Ziele für 2012

Ich möchte möglichst bald wieder am Ergometer sitzen um locker zu fahren. Darf man das mit Tornister, oder ist es nicht gut, wenn der komplett durchgeschwitzt wird?
Als festes Ziel möchte ich zumindest am 200km Brevet im August teilnehmen, wenn ich mich gut genug fühle, auch den 300er, ebenfalls im August. Ich nehme mir keine Zeit vor, sondern möchte nur Genussradeln.
Für September werde ich die Entscheidung noch etwas aufschieben (zur Debatte stehen die 24h in Hitzendorf, das Atterseezeitfahren "King of the Lake" und ein paar kleinere Rennen vor meiner Haustüre).
Morgen werde ich mein Rad abholen, das am Pfenningberg bei einem Bauern steht, und mir dabei die Unfallstelle ansehen. Ich werde sie geistig so durchfahren wie es sich gehört und hoffen, dass der Sturz damit mental erledigt ist.

Montag, 18. Juni 2012

600km Brevet in Haid/OÖ

Im Hinblick auf den 24h Radmarathon in Grieskirchen - mein Saisonhöhepunkt - legte ich den 600er auf zwei Tage in einem für mich vernünftigen Tempo an, um relativ locker über die Distanz zu kommen. Hohe Temperaturen waren angesagt und sollten dann auch erreicht werden.

Tag 1: Mühl- und Waldviertel, Tullnerfeld

Die Strecke führte zuerst den schmalen Traunradweg abwärts, vielleicht lag es auch an der Distanz, dass die stärksten Fahrer nicht ganz so schnell wegpreschten. Das Gusental rauf bis Gallneukirchen blieb die Gruppe recht groß (schätzungsweise 15 von 23 Startern waren noch dabei), bevor die stärksten Fahrer, David Misch und Harald Zima, Tempo machten. Als ich reißen ließ (ca. km 50), blieben vorne fünf Teilnehmer übrig, knapp hinter mir lag Johannes, mit dem ich in der Folge weiterfuhr.


Nach knapp 100km noch locker drauf


Bei der ersten Kontrolle in Rainbach warteten wir auf zwei weitere Fahrer, Markus und Josef, die in den weiteren Anstiegen nach Sandl wieder zurückfielen. Auf der langen Abfahrt ins Waldviertel (gut ausgebaute Bundesstraße, weite Kurven und kein Grund zu bremsen) verlor ich auch Johannes, der zwar im Flachen aufholen wollte, allerdings bot mir ein Traktor mit Anhänger eine willkommene Mitfahrgelegenheit (Windschatten) beim aufkommenden Gegenwind, sodass ich für 5km knapp 40km/h fahren konnte. Also trafen wir uns bei der Kontrollstelle bei km 140 wieder, wo Ferdinand und Edith mit Spaghetti warteten (bemerkenswert, was die beiden uns Fahrern für das bisschen Startgeld bieten!). Als Überraschung wartete auch Heli, der bis dorthin in der Spitzengruppe geblieben war und nach nicht einmal einem Viertel der Distanz einigermaßen angeknackst war.

Nach der Pause fuhren wir zu fünft weiter, bis Markus bald seine eigenen Wege ging d.h. sein eigenes Tempo fuhr. Als stärkster Fahrer in der Gruppe fuhr ich die meiste Zeit im Wind, Heli übernahm manchmal, auf die beiden anderen mussten wir immer wieder warten (nach Anstiegen, und - für mich nicht nachvollziehbar - auch nach Abfahrten), weitere Pausen in einem Ort vor Raabs an der Thaya - an einer Tankstelle. Die hatten wir angesteuert, weil den Mitstreitern nach energy drinks gelüstete. Dass diese geschlossen hatte (im Waldviertel an Samstag Nachmittagen nicht wirklich ungewöhnlich), wurde mit einem Sitzstreik quittiert, obwohl es bis Raabs nicht mehr weit war; dort die nächste längere Pause bei einem Supermarkt, zudem kam immer wieder Gejammer auf (über Hitze, Krämpfe, Anfangstempo, Magenprobleme, Wind ...). Für mich auch nicht einfach, euch zu überhören und motiviert zu bleiben (und mich darüber zu freuen, nicht den ganzen Tag bei einem Sauwetter unterwegs zu sein, den Wind gut zu finden, immerhin sorgte er für ein bisschen Kühlung, etc.), zudem plagte mich ein schmerzhaftes Schuh- und Zehenproblem (das üblicherweise bei hohen Temperaturen auftritt - bekomm ich normalerweise in den Griff, indem ich in nassen Schuhen fahre und so für Kühlung sorge, aber bei > 30° hält die Wirkung nicht sehr lange an, und wie oft soll ich vom Rad steigen, nur weil das Nagelbett brennt?). 

Kontroll- und Schlafstelle in Michelndorf
Ich hätte euch gern bis zur Schlafstelle in Michelndorf gebracht, leider habt ihr nach dem Kamptal kollektiv aufgegeben und ich fuhr allein weiter. Der Wind in der Ebene war nun tatsächlich ziemlich stark, verschaffte aber auf den letzten Kilometern des Tages einen guten Rückenwind. Die Schlafstelle bei km 317 erreichte ich nach halb acht am Abend, zwei(!) Stunden nach der Spitzengruppe. Anstatt nach dem Essen schlafen zu gehen, brachte ich meinen Elektrolythaushalt ins Lot - nach der Belastung krampfte meine Oberschenkelmuskulatur. Ich genoß einen geselligen Gastgartenabend und verschob die Bettruhe auf 23 Uhr. Ich wollte ohnehin nur drei Stunden schlafen.

Tag 2: Mostviertel, Eisenwurzen, Traunviertel

Und bei drei Stunden blieb es auch. Um zwei Uhr klingelte der Wecker, beim Frühstück traf ich Markus. Um drei fuhren wir kurz hintereinander weg, trafen uns später noch einmal, weil ich eine Abzweigung verpasst hatte. Ich fühlte mich frisch und kam gut voran, obwohl der Wind teilweise stark blies, und die Strecke durch die Kalkalpen führte, über den Ochsattel und das Gscheid und ein paar Hügeln in der Eisenwurzen, die mir aus dem Vorjahr nicht mehr in Erinnerung geblieben waren, und sich im Höhenprofil auch nicht so dramatisch ausnehmen. 

In Mariazell bei der Kontrollstelle genehmigte ich mir als zweites Frühstück ein Weißbier - ohne Alkohol, ohne Weißwurst, geplant als letzte längere Pause von zehn Minuten, um bis Haid durchzufahren (abgesehen von den Stempeln an den Kontrollstellen in Göstling und Losenstein, aber nachdem ich ohnehin alleine unterwegs war, war dies jeweils rasch erledigt) und vor 14 Uhr im Ziel zu sein. In Losenstein kam mir dann Ferdl entgegen, damit war dann noch Zeit für ein schnelles Bier in Ternberg,  bevor es im Windschatten des Präsidenten die letzten 50km nach Haid ging. Meine Reisezeit betrug nicht ganz 31h.

Im Ziel mit Präsident Ferdinand - danke für's Mitnehmen!

Die Startzeit um 3 Uhr morgens fand ich sehr gut (ideal wäre wohl 2 Uhr gewesen?). Zum einen fährt man relativ lange bei angenehm kühlen Temperaturen, andererseits hat man auf den langen, kurvenreichen Abfahrten bereits Tageslicht und trotzdem wenig Verkehr (ab 9 Uhr sind bei gutem Wetter recht viele Motorradfahrer unterwegs) und kann es bergab ordentlich laufen lassen.

Dienstag, 5. Juni 2012

600km Brevet in Osterdorf

Am 2./3. Juni fand in Osterdorf / Nordbayern ein Brevet über 600km statt. Ferdinand und ich reisten bereits am Freitag an. Den Brevet wollten wir auf zwei Tage aufteilen und hatten bei km 370 (Waakirchen) ein Zimmer gebucht, wo wir frische Radwäsche, Verpflegung und Zahnbürstln deponierten. Dabei nahmen wir die Gelegenheit wahr, einen Teil der Strecke (von Prien am Chiemsee bis Bad Tölz) zu besichtigen. Abends am Startort genehmigten wir uns ein Bier und fuhren mit ein paar Randonneurskollegen zum Abendessen nach Pappenheim.

Tag 1

Vom Start weg ging es - anders als in Österreich - gemütlich zur Sache. In Bayern überwiegt der Randonneursgedanke: das Bewältigen der Distanz zählt, während die Fahrzeit Nebensache ist. Auch die schnelle Gruppe, bestehend aus einer Hand voll Fahrern, breschte nicht von Beginn an los, sondern steigerte die Geschwindigkeit sukzessive. Bis zur ersten Kontrollstelle konnte ich ganz gut folgen, obwohl ich keine guten Beine hatte. 
Auf dem Weg zur Kontrollstelle 2 ließ ich schließlich nach 175 km abreißen, musste - ich habe kein Navi am Fahrrad - nach der Streckenbeschreibung in Papierform fahren (mehrere A4 - Zettel, die wichtigen Informationen auf drei Spalten verteilt, beim Fahren unangenehm zu lesen: da lob ich mir die folierten Beschreibungen im Trikottaschenformat der österreichischen Brevets!) und verpasste auf den nächsten 10km prompt zweimal eine Abzweigung. Deshalb beschloss ich, an der Kontrollstelle auf die nächsten Fahrer zu warten. Diese wollten aber erst einmal zu McDonald's, sodass ich insgesamt eine dreiviertel Stunde pausierte hatte, bevor wir uns wieder auf den Weg machten. 
Das Tempo war mir dann eher zu langsam, dafür hatte ich die Sicherheit der GPS-Navigation. Bei Kontrollstelle 3 verlor ich meine Begleiter irgendwo zwischen der Stempelstelle und der McDonald's - Filiale, fuhr eine zeitlang mit einem anderen Teilnehmer und schließlich allein Richtung Chiemsee. Die Navigation war in diesem Abschnitt vergleichsweise einfach, weil die Strecke nicht ständig in irgendwelche kleinen Straßen abzweigte. Die vierte Kontrolle (frei wählbar) erledigte ich in Prien am Chiemsee im "Alten Pfarrhof", wo ich mir auch gleich eine Portion Käsespätzle zum Abendessen genehmigte. Später kehrte auch Ferdinand dort ein. Zufall!
Allein ging es weiter auf der bereits bekannten Strecke in den Sonnenuntergang. Etliche Höhenmeter bis zur Schlafstelle und vor allem ein langer, steiler Anstieg des Hundshammer Berges standen bevor. War der ganze Tag eher mühsam gewesen, fühlte ich mich mit einem mal richtig gut - es rollte einfach. Ich holte eine größere Gruppe ein, die während meiner Pause am Chiemsee an mir vorbeigefahren war, und ließ sie am nächsten Anstieg stehen. Ich traf auf Jörg, der mit seinem Fixie(!) unterwegs war und fuhr mit ihm gemeinsam weiter. Die nächtlichen Kilometer flogen nur so vorbei (gefühlsmäßig), und in Waakirchen wäre ich am Liebsten weitergefahren.


Tag 2

Abfahrt noch vor fünf Uhr am Morgen. Noch ist das Wetter schön, im Laufe des Tages soll es umschlagen und zu regnen beginnen. Ich bleibe bei Ferdinand, dem es ganz offensichtlich nicht gut geht - wie schon am Vortag. Es geht über Tölz an den Starnberger See und weiter durch die Pampa Richtung Augsburg. Um 10:15 erreicht uns der Regen - wir hatten gehofft, dass es länger trocken bleibt. Dennoch haben wir Glück und müssen nicht sehr lange bei starkem Regen fahren. Danach kommt sogar die Sonne wieder heraus, es wird richtig warm und wir trocknen. Zudem macht der Präsident wieder einen besseren Eindruck, im flachen Terrain kamen wir ganz gut voran.
Auf den letzten 40 km wartete ein Hügel nach dem anderen, und ab km 600 (also dort, wo ein 600km Brevet üblicherweise endet) kamen noch zwei richtige Hämmer, die kilometerlang im zweistelligen Prozentbereich bergauf führten. Nach offiziell 617 km und 32:30h Reisezeit erreichten Ferdinand und ich gemeinsam das Ziel.

Als wir uns auf den Heimweg machten, wurde das Wetter endgültig schlecht. Pech für die vielen FahrerInnen, die zu dem Zeitpunkt noch draußen waren. Und für uns dauerte die Heimreise länger als geplant.